Dienstag, 26. November 2013

Dar es Salaam - Liebe auf den zweiten Blick

Ja, soviel Zeit ist gar nicht vergangen seit meinem "Ich fahre in die Stadt"-Post und doch gibt es schon wieder etwas zu erzählen. Dieses Wochenende war ich nämlich wieder in der Stadt. Und zwar nicht in Morogoro, nein: Zusammen mit Max und Jenni (zwei deutschen Freiwilligen von der nahen Jordan University) ging es nach Dar es Salaam, der mit über 3 Millionen Einwohnern größten Stadt in Tansania und der inoffiziellen Hauptstadt des Landes (offiziell ist dies Dodoma).

Los ging die Reise am Freitag unmittelbar nach dem Kindergarten, denn je nach Verkehrslage kann es schonmal etwas länger dauern mit dem Bus nach Dar. Zuerst nahm ich ein Dalaldala um an den großen Busbahnhof in Morogoro zu kommen. Dort traf ich dann Max und Jenni und wir gingen Tickets kaufen. Für längere Strecken (etwa in den Norden oder in den Süden) ist es so, dass man meist schon ein paar Tage zuvor Tickets kaufen muss und die Busse einmal am Tag (und zwar recht früh, denn die Fahrt ist sehr lang) abfahren. Nach Dar es Salaam fahren sie aber eigentlich stündlich und man bekommt so auch "spontan" ein Ticket. Unser Bus war schon recht voll als wir zugestiegen sind und so ging es kurz darauf auch schon los. Die Strecke ist etwa 200km lang, die Straße aber stellenweise nicht so gut und auch ein wenig überlastet, sodass wir -inklusive kleinem Stau in der Stadt- bis zum großen Busbahnhof in Dar (Ubungo heißt der) ca. 3,5 Stunden gebraucht haben. Auf dem Weg ist es so, dass gelegentlich "Rastorte" angefahren werden, oder der Bus bei einer der zwei Gewichtskontrollstationen halten muss. Dann sind recht schnell Straßenverkäufer zur Stelle, die ihre Waren an die Busfenster halten, damit hungrige oder durstige Reisende sich mit Soda, Wasser oder Chips, Maiskolben, Keksen und Cashewnüssen versorgen können. Gelegentlich steigt so jemand auch in den Bus ein und fährt ein Stück mit. Das ist eigentlich ziemlich praktisch und wird von den Reisenden auch ganz gut genutzt.

Am Hauptbusbahnhof angekommen suchten wir dann ein Daladala in die Innenstadt um vorn dort aus weiterzufahren zu einer Anlage der Salvatorbrüder (Max und Jenni wurden über diese Organisation als Missionare auf Zeit entsendet) im Stadtteil Kurasini. Leider fuhr auf dieser zweiten Strecke wegen Bauarbeiten kein Daladala, sodass wir ein Taxi nehmen mussten (was deutlich teuerer ist, dafür aber auch entspannter zuging). Kurz vor Dämmerung kamen wir daher an und wurden von den drei momentan dort anwesenden Brüdern ganz herzlich empfangen. Es gab Abendessen und kurz nach uns traf auch Andy, ein Freiwilliger aus der Nähe von Dar,  der ebenfalls über die Salvatorianer entsendet wurde, ein.


Am nächsten Morgen gab es erst einmal ein ziemlich gutes Frühstück, bevor wir zu der Graduation von einem der Brüder gefahren wurden. Diese fand an einer Einrichtung von Don Bosco statt. Denis – so heißt der Student, wegen dem wir dort waren- wird nach der Graduation nun die Abschlussprüfungen für ein Diplom als Elektriker machen. Es gab ca. 40 Absolventen der verschiedenen Richtungen (ua. auch SchreinerInnen , SekretärInnen...). Im Gegensatz zu meinen bisherigen Erfahrungen von der Graduation am Seminary war diese eigentlich recht "human". Nach einem Gottesdienst konnte das Gelände angeschaut werden und die Schüler führten ihre Ausbildungsräume und Klassenzimmer vor. Anschließend ging der eigentliche Festakt weiter und bis zur Zeugnisvergabe gab es viele Reden, aber auch Tanz und Gesang und sogar eine Kampfsportvorführung, was der Langweile ein wenig entgegen gewirkt hat. Was mich auch echt begeistert hat war, dass mitten in der Veranstaltung 500ml Flaschen Wasser an alle Besucher verteilt wurden. Das war auch wirklich nötig, denn es war richtig heiß und schwül, wie man es auch aus den Erzählungen und Reiseführern von Dar es Salaam erwartet. Trotzdem hatte ich es mir irgendwie noch schlimmer vorgestellt gehabt und war so eigentlich positiv überrascht.

Nach dem Ende der Zeugnisübergabe wurden wir vier Freiwilligen davon überrascht, dass uns der Leiter der Einrichtung zum Essen mit den Ehrengästen einlud. Irgendwie war das schon recht seltsam, denn wir waren dort ja auch „nur“ Gäste wie alle anderen Besucher und wussten nicht ganz, wieso uns die Ehre zuteil werden sollte im gleichen Raum wie etwa der belgische Botschafter und andere wichtige Festgäste zu Essen. Abgeschlagen haben wir das ganze natürlich trotzdem nicht, doch so richtig wohl fühlten wir uns auch nicht so ganz und die Stimmung war irgendwie ein wenig seltsam. Während des Essens war es vollkommen still in dem großen Raum und erst danach wurden langsam ein paar distanzierte Gespräche angefangen, bevor das ganze sich auch schon wieder auflöste. Irgendwie cool war es trotzdem und wir haben interessante Leute bei diesem Essen getroffen. Ich persönlich war aber auch froh, als wir danach wieder nach Hause aufbrachen – diesmal zu Fuß und per Daladala. Dabei gönnten wir uns unterwegs noch jeweils eine Kokosnuss und ich muss sagen: Das war schon was ganz anderes als die sich so im Supermarkt zu holen. Werde von nun an wohl noch öfter einen Stopp bei den Verkäufern am Straßenrand machen.

Nachdem wir zuhause erst einmal geduscht hatten (wie gesagt, es war wirklich schwül und heiß), machten wir uns noch einmal auf den Weg um den Abend in einer größeren Shoppingmal (Quality Center) zu verbringen, in der es auch ein „Subway“ (für die, die es nicht wissen, das ist eine Fastfoodrestaurantkette) gab. Dort gönnten wir uns für jeweils 6500Shilling (~3,25€ und immerhin um 25ct. billiger als das Essen bei mir an der Sprachschule) Sandwichs. Anschließend kam dann die Idee auf, die Gelegenheit zu nutzen und gleich ins Kino zu gehen, das ebenfalls in dieser Mal ist. Ein passender Film kam zum Glück auch (The Hunger Games 2/ Die Tribute von Panem 2) und so wurde das ganze ein irgendwie ziemlich „europäischer“ Abend. Ich muss sagen ich habe das wirklich auch mal wieder genossen und mich gleichzeitig auch wirklich komisch gefühlt. Dieses Shoppingcenter war irgendwie wie eine andere Welt und stand in einem krassen Gegensatz zu vielen anderen Stellen von Dar es Salaam. Ein Großteil der Besucher bestand aus indischen Familien, die hier die „Oberschicht“ zu großen Teilen zu bilden scheinen (auch in Morogoro sind die drei größeren Supermärkte in indischer Hand). Wir müssen ziemlich komisch auf die Leute dort gewirkt haben, wie wir so an den Läden vorbeigingen und uns benahmen wie Harry Potter beim ersten Besuch der Winkelgasse ;)

Der Sonntag begann dann mit einem kleinen Gottesdienst im Haus der Salvatorbrüder und nach dem anschließenden Frühstück machten wir vier uns noch einmal auf den Weg in die Innenstadt von Dar es Salaam. Dort war irgendwie gar nicht viel los, die Geschäfte hatten zum Großteil geschlossen und so spazierten wir in das angrenzende Viertel Kariakoo. Der Unterschied hätte wohl nicht größer sein können. Dort waren unglaublich viele Leute, Autos und andere Fahrzeuge unterwegs und an den Straßenrändern gab es viele kleine Stände mit allem Möglichen. Wahrscheinlich hätte ich noch vor zwei Monaten richtig Angst gehabt dort umherzulaufen, wäre zumindest Überfordert und ein wenig geschockt gewesen. So aber habe ich die Zeit dort wirklich genossen, fand den Ort klasse und wäre am liebsten noch ein bisschen länger geblieben. Nach dem Mittagessen in einem kleinen Restaurant auf dem Dach eines Hochhauses ging es dann aber zurück zu den Brüdern, wo wir unsere Sachen abholten, bezahlten und uns dann von Andy verabschiedeten, der zurück nach Mkuranga (südlich von Dar) fuhr, während wir ein Taxi zum Busbahnhof nahmen.

Leider hatten wir diesmal nicht soviel Glück wie bei der Hinfahrt. Wir waren die ersten im Bus und mussten daher erst einmal warten, bis alle Plätze belegt waren. Dann ging es los – dachten wir zumindest doch schon etwa 100m nach Verlassen des Busbahnhofes standen wir im Stau. Ich kann nicht so genau sagen, wie lange wir brauchten um aus Dar es Salaam hinauszukommen, weil ich zwischenzeitlich ein wenig geschlafen habe, aber es war viel zu lang. Gegen halb 4 waren wir am Busbahnhof und am Lutheran Junior Seminary kam ich um halb neun an. Zum Glück gab es dort wenigstens Strom und Wasser (die letzte Woche gab es vor allem mit der Elektrizität immer wieder Probleme), sodass ich mich nach der recht anstrengenden Reise ausruhen konnte.

Es war schön an diesem Wochenende einfach mal raus zu kommen und neue Eindrücke zu sammeln, eine weitere Seite von Tansania zu sehen und neue Leute kennen zu lernen. War mein erster Eindruck von Dar es Salaam nur durch die Nacht meiner Ankunft entstanden, so musste ich nun meine schlechte Meinung in vielen Punkten nochmals überdenken. Bei meinem Besuch fand ich die Stadt wirklich schön, lebendig und überraschend freundlich. Ich werde sicher gerne wiederkommen, alleine schon weil ich auf der Fahrt zum Busbahnhof einige tolle Schuhe an Straßenständen gesehen habe ;)







Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen