Sonntag, 16. Februar 2014

Neue Aufgaben und Herausforderungen

Mit dem neuen Jahr kamen für mich arbeitsmäßig viele neue Aufgaben, sodass ich neben der Arbeit im Kindergarten auch Nachmittags nun ziemlich ausgebucht bin. Neue Aufgaben bedeuten immer auch neue Herausforderungen aber auch viele Möglichkeiten neue Erfahrungen zu machen. In diesem Post habe ich mir vorgenommen ein bisschen mehr darüber zu berichten.

Beginnen möchte ich trotzdem einmal mit dem "Altbekannten", der Arbeit im Kindergarten, denn auch dort hat sich so einiges getan. Ein wenig entsetzt war ich, als zum Start des neuen Jahres von 20 Kindern nur 6 aus dem letzten Jahr übrig geblieben sind. Natürlich sind von den 30 Kindern des letzten Jahres 15 gegangen, weil sie nun in die Grundschule gehen, aber es sollten ja eigentlich doch mehr als 6 Kinder dann noch übrig bleiben. Die Erklärung dafür ist, dass viele Eltern ihre Kinder zu Beginn der Vorschulzeit lieber in eine rein englischsprachige (Vor-)schule schicken, weil sie der Meinung sind, dass dies ihre Schützlinge besser auf ein internationales Leben und vor allem auf die rein englischsprachige Secondaryschool (~8. bis 12. Klasse Gymnasium) vorbereitet. Dabei wird oft außer acht gelassen, dass in diesen Schulen, die - zumindest soweit ich das bisher weiß- alle teurer sind als unser Kindergarten, Klassengrößen von 60 bis 100 Kindern keine Seltenheit sind. Da ist der Lernerfolg dann auch nicht unbedingt groß, denn natürlich kann nicht auf jedes Kind einzeln acht gegeben werden (das ist bei 15 manchmal schon eine sehr große Herausforderung) und es geht viel Zeit für Disziplinierungsmaßnahmen verloren. Zudem - aber das ist nun wirklich meine persönliche Meinung, die sich aus meiner Erfahrung im Englischunterricht bei uns am Kindergarten herausgebildet hat- glaube ich, dass die Kinder noch zu jung sind, um rein in einer Fremdsprache unterrichtet zu werden. Sicher sollte Englischunterricht auf dem Stundenplan eine wichtige Rolle einnehmen, aber wenn ich mir vorstelle mit meinen Kids nur Englisch zu reden... das würde keine 5 Minuten dauern, da würden sie machen, was sie wollen, weil sie mich ja nicht verstehen. Ich kann mir also kaum vorstellen, dass der Unterricht in diesen Klassen tatsächlich nur auf Englisch abläuft.

Soviel zu diesem kleinen Exkurs über die Kindergartenpolitik. Mittlerweile sind noch viele weitere neue Kinder dazugekommen, sodass wir nun insgesamt wieder ca. 30 Kinder haben sollten. Ich genieße es sehr eine Art Neuanfang geschenkt bekommen zu haben durch den fast vollständigen Wechsel der Kindergartenkinder, denn so bin ich nun nicht mehr die neue Lehrerin, die mitten im Jahr ohne Sprachkenntnisse in die Klasse kam, sondern werde deutlich mehr respektiert. Das erleichtert die Arbeit und ist auch mit deutlich mehr Spaß verbunden als zeitweise im letzten Jahr. Weiterhin gebe ich zweimal die Woche Englischunterricht, bastle einmal in der Woche mit den Kindern und habe es bisher auch geschafft in jeder Woche des Kindergartenjahres an einem Tag mit den Kindern raus zu gehen und zu spielen (für 0,5 bis 1,5 Stunden). Dienstags stehe ich außerdem nun immer um 6 Uhr morgens auf, um die Busaufsicht zu machen, wenn die Kinder aus der Stadt abgeholt werden. Das kenne ich schon vom letzten Jahr, es hat sich nur der Tag geändert (die Uhrzeit leider nicht). Insgesamt muss ich sagen, dass ich mit der Arbeit im Kindergarten größtenteils zufrieden bin. Es gibt immer Höhen und Tiefen und auch einige überraschende Momente. Zum Beispiel gibt es ein Kind, dass erst seit kurzer Zeit in den Kindergarten kommt und sich - den Berichten der Mutter zufolge- extrem darauf gefreut hat. Seit es mich das erste Mal gesehen hat, scheint das aber anders zu sein, er weint sehr viel und will nur zurück zu seiner Mutter. Nun denkt nicht, ich hätte dem Kind etwas schlimmes angetan, euch würde es sicher nicht besser gehen, denn es ist meine Hautfarbe, vor der es sich fürchtet. "Die haben einen Mzungu (Weißer) als Lehrerin!", hat er zu hause gleich erzählt und wohl sehr fasziniert hinzugefügt, "Und ihre Haut ist weich!". Als ich das mitbekommen habe, musste ich doch ein wenig schmunzeln und hoffe, dass wir beide uns im Laufe des Jahres ein bisschen besser kennen lernen und er seine Angst abbauen kann :).

Schmetterlingsbasteln im Kindergarten :)

Soviel also zum neuen "Alten", jetzt kommt das wirklich "Neue". Ich habe nun auch angefangen im Leadership (Ausbildungsprogramm am Seminary) mitzuarbeiten. Dort gebe ich unter anderem zweimal die Woche Englischunterricht für die Fortgeschrittenengruppe. Das ist ein bunter Mix aus elf Männern und Frauen verschiedener Altersgruppen (beginnend ab 18), die aus beiden Leadershipteilen (KindergärtnerInnen und ReligionspädagogInnen) kommen. Montags verbringe ich 80min, Donnerstag 40min zusammen mit ihnen im Klassenzimmer und unterrichte. Dabei bemühe ich mich hauptsächlich Wert auf Kommunikation zu legen, denn die geht im schulischen Unterricht und auch sonst meist unter. So spreche ich dort auch viel Englisch und bemühe mich das ganze ein wenig interaktiv zu gestalten, soweit das geht. Der Unterricht macht mir Spaß und die Gruppe ist sehr angenehm, sodass ich wirklich gerne ins Klassenzimmer gehe und mich auch mal abends noch eine Stunde hinsetzte um Materialien für ein Spiel vorzubereiten.

Nach dem Englischunterricht bin ich am Montag noch 40min im Unterricht der ReligionspädagogInnen zu "Ibada na Sala", einer Stunde, in der die Studierenden von meiner Mentorin Ingrid verschiedene Techniken, Hilfsmittel und Erklärungen zum Thema Andacht und Gottesdienst erhalten. Dort kann ich mich je nach Thematik ebenfalls einbringen und genieße sonst auch mal die Zeit einfach nur zuzuhören :).

Am Dienstag habe ich -nachdem ich aus der Stadt zurückgekommen bin- meinen freien Nachmittag, der meist genutzt wird, um Unterricht vorzubereiten, aber auch um einfach mal shoppen zu gehen oder zu relaxen.

Mittwochs unterrichte ich im Religionspädagogenleadership 40min "Michezo" (Spiele). Das bedeutete ich stelle den 7 (es kommen vielleicht aber noch mehr) Studierenden verschiedene Spiele vor, die wir dann auch gemeinsam durchspielen, denn dadurch lernt man es einfach am Besten. Das ist eigentlich immer ziemlich lustig und da wir bei gutem Wetter häufig außen spielen, haben wir bei manchen Spielen (wie etwa Zeitungstanz: Zur Musik tanzen immer zwei Leute auf einer Zeitung, wenn die Musik aus ist, wird die Zeitung halbiert und es geht weiter) begeisterte Zuschauer aus den Reihen der Secondaryschüler, die sich dann schonmal spontan entschließen auch eine Runde mitzuspielen. Bei der Auswahl der Spiele habe ich mir zusammen mit meiner Mentorin für jeden Monat ein Thema überlegt, wie etwa Vertrauensspiele, Spiele ohne Gewinner..., was es teilweise erleichtert nach Spielen zu suchen, manchmal natürlich die Auswahl auch einschränkt. Eine Herausforderung ist es häufig auch (neben dem erklären der Spiele) einen Namen auf Kiswahili zu finden.

Nach der Spielestunde am Mittwoch geht es um 16:30 (das bedeutet eine kleine Verschnaufpause von ca. 20min) weiter mit einer Kindergruppe, die ich zusammen mit Ingrid vor drei Wochen gestartet habe. Die Idee dahinter war, den älteren Kindern (Primaryschool, also von 1. bis 7. Klasse) ein Spiel-, Bastel- und Religionsangebot (Bibelgeschichten erzählen etc.) zu bieten. Das ist zwar unglaublich anstrengend, macht aber auch einfach Spaß. Wir hatten bisher immer 20 bis 25 Kinder und haben Hilfe von den Studierenden des Religionspädagogenleaderships.

Den Wochenabschluss bildet dann meine 2stündige Basteleinheit am Freitagnachmittag. Das ist immer ein schöner Ausklang nach einer stressigen Woche und ich genieße es mit den angehenden ReligionspädagogInnen Verschiedenes zu hauptsächlich religiösen Themen zu basteln. Dabei haben wir mit einfacheren Dingen angefangen, wie dem Falten eines Hutes zum Thema "beschützt sein" und nun versuche ich auch andere Möglichkeiten des Bastelns mit einzubringen und habe etwa einen Gebetswürfel mit ihnen hergestellt.

Bei all diesen neuen Möglichkeiten stehe ich immer wieder vor neuen Überraschungen und Herausforderungen. Gerade beim Basteln, egal ob Kindergruppe, Leadership oder Kindergarten, ist es immer wieder schwierig für mich einzuschätzen, was ich den Schülern zumuten kann und wie lange sie dafür brauchen werden. Denn viele sind nicht sehr sicher im Umgang mit Schere und Kleber (nachdem ich im Englischunterricht Klebestifte zum einkleben von Arbeitsblättern ausgeteilt hatte, musste ich zwei Leuten ersteinmal erklären, wie man die benutzt) und haben einfach wenig Übung in solch kreativen Sachen. Auch für die Kinder im Kindergarten ist es manchmal schwer zu erklären, dass sie einfach malen sollen, was sie wollen und das ich es ihnen nicht auf der Tafel vormalen werde, wie das sonst oft der Fall ist. Gerade im Kindergarten kommt aber auch dazu, dass die Kinder zwischen 2 und 6 Jahren doch einen großen Entwicklungschub machen und es dann schwer ist Arbeiten zu finden, die nicht zu schwer oder zu leicht für manche Kinder sind.

Aber nicht immer sind es wirkliche Schwierigkeiten vor denen ich stehe. Dazu möchte ich eine kleine Begebenheit erzählen, die ich ganz einfach überhaupt nicht erwartet hätte. Sie fand in der ersten Kindergruppenstunde statt, als wir gerade eine kleine Verschnaufpause machten und Wasser und Kekse für die Kinder austeilten. Es handelte sich um Doppelkekse, ähnlich der berühmten Prinzenrolle, die Ingrid in der Stadt gekauft hatte. Beim Austeilen halfen auch die Studierenden mit. Ich ging mit der Wasserflasche voraus und einer der Studierenden fing an Kekse zu verteilen. Ich war schon drei Kinder weiter, als er mich ansprach, den Doppelkeks in der Hand und einen etwas zweifelnden Gesichtsausdruck. "Bekommt jeder nur einen?", fragte er und ich nickte. Der Gesichtsausdruck wurde verzweifelter, "Aber sie kleben aneinander!" Ich warf also einen Blick in die Packung. "Nein, ist doch alles okay, gib einfach jedem Kind einen Keks!" Ich teilte weiter Wasser aus und verstand zwei Kinder weiter, was er meinte, als ich aus den Augenwinkeln seinen verzweifelten Versuch mitbekam, den Doppelkeks zu öffnen. Ich erklärte ihm also, dass je zwei Kekse und die Schokolade eine Einheit bildeten und das als ein Keks galt, er sie also nicht öffnen brauchte. Ich weiß nicht, ob er es so ganz verstanden hat, ober ob es sich einfach dachte, was für bescheuerte Kekse wir da gekauft haben, ich habe mich auf jeden Fall ziemlich darüber amüsiert. Und dabei muss ich gleich einmal hinzufügen. Vielleicht mag manch einer denken: Das ist ja total bescheuert, einen Doppelkeks öffnen zu wollen. Dazu neigt man manchmal schnell, aber man sollte sich vor Augen halten, dass dieser Mann wahrscheinlich einfach noch keinen Doppelkeks gesehen hatte. Er weiß dafür über viele andere Dinge Bescheid, bei denen er mich dann auch gerne ein bisschen auslachen darf, wenn ich sie nicht kapiere.



2 Kommentare:

  1. Super Verena,vielen Dank für die interessanten Einblicke in deinen Alltag - ich geh gleich morgen mal Doppelkekse kaufen und wir werden sie in Gedanken an dich genießen ;-)

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  2. Nette Geschichte mit den Keksen.
    Wir haben die Doppelkekse damals auch immer aufgemacht. Nicht aus Unwissenheit, aber so hatte man einfach mehr und länger etwas davon. Und in der Regel bleibt ja auf beiden Seiten Schokolade hängen. ;-)
    Puh, Du scheinst ja jetzt sehr beschäftigt zu sein!

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