Montag, 21. Oktober 2013

"Normalität"

Nach etwas längerer Zeit habe ich mich nun mal wieder dazu "überwunden" einen Blogeintrag zu schreiben. Der Grund ist leicht zu identifizieren: So langsam bekommt mein Leben hier eine gewisse Routine und manche Sachen scheinen ganz normal zu werden und so habe ich nicht das Gefühl, dass ich euch etwas großartig neues berichten könnte. Trotzdem hier mal so ein paar Einblicke in mein Leben hier auf dem Campus.
Nach dem Sprachkurs war es für mich zuerst recht einsam auf dem Campus. Zwei Wochen hatte ich 27 andere Deutsche um mich herum gehabt und es war dann doch leichter jemanden zu finden, der mit einem in die Stadt fährt oder einfach Abends mal auf eine heiße Milch mit Honig vorbeikommt :) So war ich froh über jeden Kontakt zu Personen hier am Seminary oder auch in Morogoro und kann im nachhinein sagen, dass mir diese Zeit und diese Angst vor der Einsamkeit auch gut geholfen hat Freunde zu finden und neue Bekanntschaften zu schließen.

Unter der Woche bin ich meist recht beschäftigt. Vormittags bin ich immer im Kindergarten und werde dort nun auch anfangen Englischunterricht zu geben und auch einmal die Woche helfen die Kinder aus der Stadt abzuholen und nach Kindergartenschluss wieder nach Hause zu bringen. Ich bin sehr froh, dass ich diese Möglichkeit nun bekommen habe, denn so kann ich mich einfach ein bisschen mehr einbringen und bin beschäftigt. Nachmittags habe ich jeden Wochentag ein anderes "Programm". Montag und Dienstag schaue ich beim Englischunterricht für die Auszubildenden des Kindergartenleaderships zu. Es gibt zwei Leadershipkurse, das bedeutet je eine einjährige Ausbildung zum/r Religionpädagogen/in oder KindergärtnerIn, wobei ich momentan durch meine Arbeit im Kindergarten hauptsächlich mit letzterem zu tun habe. Der Unterricht wird von Samuel, einem der Kindergärtner gegeben und ich habe eher eine passive Rolle, sitze hinten mit dabei und kann manchmal Unklarheiten beseitigen (oder auch nicht). Außerdem habe ich schon mitgeholfen einen Test für den Kurs zu entwerfen, der nun vorraussichtlich Anfang November geschrieben wird.
Am Dienstag bin ich beim Psychologieunterricht für den anderen Leadership dabei. Der Lehrer ist auch mein Mentor hier vor Ort und hat mir angeboten zu zusehen. Am Mittwoch darf ich nachmittags die kleine Bibliothek der Sprachschule ein wenig auf Vordermann bringen. Es musste noch eine Wand, sowie Fenster- und Türrahmen gestrichen werden und beim Sortieren und Ordnen der Bücher werde ich wohl auch noch einige Stunden verbringen. Obwohl der Raum recht dunkel, abgelegen und staubig ist und man meist ganz alleine vor sich hinarbeitet, freue ich mich immer wieder daran, denn hier sieht man wirklich, wenn man Fortschritte macht und es ist auch einfach mal entspannend mit dem Ipod in den Ohren vor sich hin zu malen und den Kopf nicht voller Kiswahiliwörter zu haben.
Am Freitag dann wird von der Leiterin des Kindergartens am Nachmittag die richtige Benutzung der Montessorispiele für die Auszubildenden erklärt. Da auch ich vormittags zu den Spielzeiten mit den Kindern diese Sachen verwende ist es für mich sehr hilfreich auch hier zu zusehen. Dabei ist es so, dass das Spiel meist vorgespielt wird, sodass es für mich auch leichter ist sprachlich zu folgen und ein paar neue Wörter dazuzulernen.

"Posieren" fürs Foto

Meine Wochenenden verbringe ich immer recht spontan und unterschiedlich. Häufig ist der Samstagvormittag die Zeit, wo ich entweder mit Santa zusammen oder neuerdings sogar alleine (dazu später mehr) in die Stadt fahre um ein paar Sachen zu kaufen und Dinge, die so anstehen zu erledigen. Ich bin immer sehr froh, wenn Santa mit dem Auto unterwegs ist, denn mit schweren Tüten im Daladala unterwegs zu sein ist nicht wirklich schön.
Letzte Woche habe ich dann mal all meinen Mut zusammen genommen und bin alleine in die Stadt gefahren. Dabei war es leichter als ich gedacht hatte und im nachhinein auch irgendwie ziemlich lustig. Beim Einkaufen auf dem Markt erkannte ich, dass ich mein Kiswahili unbedingt noch verbessern muss, denn ich habe bis heute nicht herausfinden können, ob ein Mann mir nur seine Zwiebeln verkaufen wollte, oder ob er mir seine Liebe gestanden hat. Da kann es dann nämlich doch ganz schön blöd sein einfach zu allem "Ja" zu sagen und freundlich zu nicken (was ich nicht getan habe). Ich hab also mein Heil in der "Flucht" gesucht und mich mit einem entschuldigenden "Ich kann leider kein Kiswahili" verdrückt. Zwiebeln habe ich dann doch lieber wo anders gekauft. Trotz dieses etwas unangenehmen Zwischenfalles war ich nach meiner Rückkehr nicht nur wie üblich ziemlich erschöpft, sondern auch so stolz wie jemand, der alleine die Sahara durchquert hat.

Am Sonntag gibt es in der Stadt den so genannten Sabasabamarkt. Ein riesiges Gelände ist mit Marktständen gefüllt und neben Plastikschüsseln, allem möglichen Krusch und Kleinigkeiten gibt es dort vor allem viel Secondhandkleidung und traditionelle Stoffe. Dort war ich nun auch zweimal, jeweils zusammen mit Freunden (alleine macht shoppen ja keinen Spaß). Dabei kommt man sich schon erst etwas komisch vor, wenn man die Kleiderberge auf den großen Verkaufstischen durchwühlt und sich vor Augen hält, dass diese Sachen zum Großteil aus den westlichen Ländern stammen. Dabei war ich teilweise doch recht schockiert, dass manche Kleidungsstücke sogar noch das Preisschild trugen, also offenbar nicht einmal getragen wurden, bevor man sie "weiterreichte". Allgemein ist das Thema Secondhand etwas, das mich hier immer wieder beschäftigt und ich möchte euch gerne in einem zukünftigen Post etwas mehr darüber berichten.

Seid letztem Wochenende kann ich auch eine weitere "Freizeitaktivität" für die arbeitsfreien Tage hinzufügen. Es gibt hier eine Farm auf dem Campus, wo neben Hühnern auch einige Kühe zu hause sind. Tagsüber laufen sie auf dem Gelände der Farm - die Kälbchen auch auf dem Rest des Campus, zum Beispiel vor meinem Zimmer- herum und morgens und abends werden sie gemolken. Und hier komme nun ich ins Spiel. Nachdem ich einmal unter der Woche mit zum Milch holen für den Kindergarten gegangen bin, hatte ich eine Einladung zum Melkenlernen ausstehen und die habe ich letzten Samstag wahrgenommen. Das ist tatsächlich schwerer als gedacht, doch beim zweiten Mal ging es schon deutlich besser. So werde ich wohl in Zukunft Melken auf die Liste meiner zahlreichen "Talente" setzen können, direkt neben "fließend Kiswahili sprechen" (Ich hoffe ihr versteht die Ironie). 
Einige der Kühe vor dem Gebäude, wo gemolken wird.















Ja, so erlebe ich in der von mir gefühlten Normalität doch immer wieder etwas neues und genieße schöne Momente hier am Seminary. Kein Tag ist wie der andere, auch wenn manches nun vielleicht zur Routine geworden ist. Ich denke das ist einfach ein Zeichen dafür, dass ich ein bisschen besser angekommen bin. Ich wundere mich über manche Dinge nicht mehr und kann über Situationen lachen, die ich vielleicht vor wenigen Wochen gar nicht lustig gefunden hätte. Viele Beispiele lassen sich etwa beim abendlichen Duschen finden, wenn man gerade die Haare schön eingeseift hat und dann ganz genau noch ein einsamer Tropfen aus dem Duschkopf kommt. Oder wenn man den Duschhahn aufdreht und realisiert, dass man damit die Dusche im Nachbarappartement angestellt hat, während man selbst "im Trockenen steht".

Damit war es das dann auch erst einmal wieder für den Moment, es gibt noch so viel mehr zu erzählen, doch das will ich mir für einen späteren Zeitpunkt aufheben.

Usiku mwema - Gute Nacht! (denn jetzt, wo ich das schreibe ist bei mir gerade Abend und ich werde jetzt dann schlafen gehen)

P.S. Für alle, die das hier vielleicht lesen und sich dafür interessieren auch ein FSJ im Ausland zu machen. Schaut doch mal auf der Seite meiner Organisation vorbei, da hat gerade das Auswahlverfahren fürs nächste Jahr begonnen und ihr könnt euch auch bewerben:

-> Link zur Seite der Freiwilligendienste von Mission EineWelt

Natürlich stehe ich auch für Fragen diesbezüglich zur Verfügung ;)

3 Kommentare:

  1. Wenn man das alles von Dir liest, wird man an seine eigene Auslandszeit erinnert. Und muss doch immer wieder schmunzeln. Insbesondere, nachdem ich gerade (endlich mal wieder) zu Besuch dort war.
    Schöne Bilder! Und nun stell Dir vor, wie es bei uns langsam Herbst wird: Die Blätter fallen von den Bäumen, es ist nass-kalt,...
    Weiterhin alles Gute!
    Bia und Peter

    AntwortenLöschen
  2. Ich bewundere dich, dass du es immer wieder schaffst deine Grenzen zu erweitern, um Neues zu erleben! Mach weiter so!

    AntwortenLöschen
  3. Geht mir genauso wie Peter: wenn ich Deine Berichte lese, dann erinnert mich das sehr an meine eigenen Zeiten im Ausland. Besonders Dein erster Ausflug alleine: wirklich klasse! Viel Spass bei weiteren Entdeckungen. Liebe Grüsse aus dem Schweizer Herbst, Ecki :-)

    AntwortenLöschen