Montag, 28. Oktober 2013

7 Stunden, 25 Kinder und 1 Liter Wasser - Die Graduationsfeier

Schon die ganze letzte Woche waren wir im Kindergarten mit den Vorbereitungen für die Graduation (Abschluss) der größeren Kinder beschäftigt, die am 27. Oktober stattfinden sollte. Dabei gab es so einiges zu tun und einzustudieren, damit heute, am Tag der großen Graduationsfeier auch nichts mehr schief gehen konnte. Oder zumindest fast nichts :)

Schon vor einigen Wochen wurde ich gefragt, ob ich mir für diesen Anlass ein englisches Lied für die Kindergartenkinder überlegen und ihnen mit Hilfe einer anderen Lehrerin beibringen könnte. Wer mich kennt weiß, dass ich nicht so unbedingt musikalisch begabt bin und so habe ich mich im Internet ein wenig inspirieren lassen und den Text ein wenig an die Situation angepasst. Es musste ja auch "singbar" sein für die Kindergartenkinder, die bisher eher Standardsätze wie "Please teacher may I go to the toilet" mehr oder weniger beherrschen. Ich war wirklich überrascht, wie schnell das Lied aber dann geklappt hat und auch irgendwie doch ziemlich stolz, wenn sie dann Generalprobenmäßig in dem größten Zimmer des Kindergartens in einer ordentlichen "Formation" (vier gerade Reihen hintereinander) standen und das Lied schmetterten :)

Es gab aber auch noch einen Text, den eines der Kinder vorlesen sollte und das wurde so oft geübt, dass nun sogar ich fast alles auswendig kann (und ich weiß nicht einmal bei allen Worten, was sie bedeuten). Außerdem sollten die größeren Kinder sich in der Kirche auch auf Englisch vorstellen und das brauchte auch seine Zeit, bis da alles einigermaßen stimmte und war sehr lustig, weil schon einmal die Namen von Mutter und Vater vergessen oder vertauscht wurden. Das einer der Jungen eigentlich erst 5 Jahre alt ist, bei der Vorstellung aber sein "I am six years old" ganz selbstverständlich (wie alle anderen eben auch) vorträgt, habe ich erst am Freitag vor der Graduation erfahren und es einfach schmunzelnd hingenommen. Zuletzt war es auch noch wichtig mit den Kindern zu üben, wie sie die Umschläge mit ihren Zertifikaten entgegen nehmen sollen und wem sie danach alles die Hand schütteln. Ziemlich viel also für die Kinderköpfe, aber sie haben sich ganz gut durch die Proben geschlagen.

Drei Nachmittage der letzten Woche verbrachte ich dann außerdem zusammen mit drei anderen Lehrern beim Graduationshütebasteln im Kindergarten. Es gab zwar noch Exemplare vom letzten Jahr, aber die waren doch schon ziemlich abgenutzt und so mussten 15 neue hergestellt werden.

 
Die rosanen Exemplare sind die alten, die gelben die neuen Hüte. 

Pünktlich zum Freitag waren sie dann fertig. Warum auch immer, waren allerdings einige viel zu groß geraten und so verbrachte ich noch einmal eine halbe Stunde damit die Hüte auszubessern und kleiner zu machen, damit sie nicht von den Köpfen rutschten. Um so witziger, was mich dann am Sonntag erwartete :)

Wir trafen uns im Kindergarten um 7:30Uhr um noch einmal die Lieder zu üben, die Hüte zu holen und einfach den Überblick zu haben welche Kinder schon da sind. Ein bisschen geschockt war ich, als drei der großen Mädchen mit einer sehr schicken, aber leider sehr hutuntauglichen Frisur auftauchten. Normalerweise sind die Haare der Frauen hier ziemlich kurz und gekräuselt. Als besonders schön gilt es wohl aber, wenn die Haare glatt und lang sind. Daher wird natürlich einiges getan um solche Haare zu haben, gerade wenn es einen besonderen Tag gibt wie eine Graduation. Und wie ich zu meinem Abschlussball etwa eine tolle Hochsteckfrisur hatte, hatten diese drei Mädchen eben plötzlich lange, zu Zöpfen geflochtene Haare, die den Kopf natürlich wieder deutlich größer machten und ich wünschte mir ich hätte mir die Arbeit zuvor erspart, denn die extra kleiner gemachten Hüte waren jetzt natürlich zu klein. Durch ein mehr oder weniger geschicktes Umfrisieren konnte das Problem aber gelöst werden und es ging mit den 25 Kindern los zur Kirche.

Die Graduationsfeier war nicht nur für die 15 älteren Kindergartenkinder sondern auch für die Form 4 der Secondaryschool (vglb. mit der 10. Klasse bei uns) und die Absolventen der beiden Leadershipkurse. Zu Beginn gab es einen Gottesdienst, der schon einmal stolze 3 Stunden dauerte und natürlich von den Kindern einiges an Geduld forderte. Danach folgte eine kurze "Pause", in der wir in einem kleinen Durchgangsraum die Hüte verteilen und die Kinder alle irgendwie beisammen halten mussten. Anschließend ging es wieder in die Versammlungshalle, die zuvor auch als Kirche genutzt wurde, weil sie groß genug ist um viele Leute zu fassen.

Auf dem Weg zur Versammlungshalle (rechts im Bild)
Nach einigen Liedern des Schulchors ging dann das Programm weiter und sollte nicht so schnell zu Ende sein. Zu Beginn gab es noch einiges für Lehrer und Kinder zu tun, denn der Kindergarten machte den Anfang und so wurde das eingeprobte Programm vor der versammelten Festgemeinde abgespult. Dabei wäre das ohne Samuel als großen Koordinator wohl nicht möglich gewesen, denn in der Aufregung vergisst man dann eben doch das ein oder andere und so liefen die Kinder schonmal in die falsche Richtung, verwechselten bei der Vorstellung Mutter und Vater und sorgten damit für einige Lacher bei den Gästen. Insgesamt machten sie ihre Sache aber wirklich gut und ich war ganz stolz :) Anschließend galt es wieder still zu sitzen und den "Aufführungen" der anderen Absolventen sowie sehr lange Reden wichtiger Personen zuzuhören. In einer dieser Reden wurde ich sogar erwähnt (genau in dem Moment, als ich einzuschlafen drohte) als die deutsche Volontärin, die gerade im Kindergarten hilft. Man bedankte sich bei mir und ich war ganz überrascht :)

Die Kids bei ihrem Auftritt bei der Feier.

Im Nachhinein kann ich sagen, dass die Feier mir sehr gefallen hat, es war interessant den Auftritten und Liedern zu lauschen und mit den Kindern aufgeregt zu sein, als sie an der Reihe waren mit ihren Liedern. Es war aber trotzdem auch unglaublich anstrengend und nach dem gemeinsamen Mittagessen im Kindergarten um 4 Uhr (nachdem die Feier beendet war), hätte ich auf der Stelle einschlafen können. Es waren eben doch einfach 7 Stunden auf recht unbequemen Stühlen mit 25 Kindern, die abwechselnd im Abstand von ca. 5min wahlweise aufs Klo müssen oder etwas zu Trinken haben wollen (und zwar genau dann, wenn man gerade mit einem anderen Kind von der Toilette zurückkommt, oder die Wasserflasche wieder in der Tasche verstaut hat). Gerade der Durst war ein echtes Problem, denn ich hatte für mich eine kleine 500ml Flasche mit Wasser gefüllt und davon letztlich dann nur einen winzigen Schluck abbekommen, weil für die Kinder nichts zu Trinken da war. So wurde mein Wasser (zusammen mit 500ml, die eine andere Lehrerin dabei hatte) für die Kinder verwendet und rationiert um zumindest ein wenig den Durst zu lindern. Da hatte es schon etwas ironisches, dass auf dem Tisch der Ehrengäste, der ganz vorne mit Blick zum "Publikum" aufgebaut war, einige Flaschen Soda und Wasser aufgestellt worden waren, von denen nur etwa ein Drittel verbraucht wurde :) Zudem ging es nach geschätzten 5 Stunden los, dass die ersten Kinder über Bauchschmerzen klagten, was als Hunger zu interpretieren war (das war leicht zu identifizieren, denn mir ging es ganz genauso). Da konnte dann auch eine Runde Kekse verteilen gegen das Quängeln und als Belohnung fürs still sitzen nicht viel daran ändern und wir waren alle froh, als es im Kindergarten dann Soda und Essen für unsere kleine Gruppe gab.
Beim anschließenden Gang über den Campus begegnete ich noch vielen Leuten, die mir für meine Arbeit dankten oder die Kinder für ihre tolle Darbietung und die Geduld lobten. Das entschädigte mich dann auch wieder für die zeitweise doch sehr anstrengenden Minuten/Stunden bei der Graduation.



3 Kommentare:

  1. Liebe Verena, eben bin ich ganz stolz auf Deine Modistinnen Künste und ich hab mich gefreut so viel Schönes von Dir zu lesen. Ganz liebe Grüße aus Hannover, Deine Oma

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  2. Hallo Verena!
    Macht immer wieder Spass Deine Berichte zu lesen! Respekt, wie Du mit all den neuen Situationen umgehst!
    Liebe Grüße
    Uli&Mounir

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